LBK Lünen

Elaha und Ahmad Iqbali vom LBK wollen Bildungschance nutzen

Lünen. Es ist eine beeindruckende Geschichte, die Elaha Iqbali, Schülerin des Lippe Berufskollegs Lünen, zu erzählen hat. Die junge afghanische Frau ist Hauptdarstellerin und Mitproduzentin des französischen Films „La vie devant elle“, übersetzt: „Das Leben liegt vor ihr“. Auf dem ersten Blick eine großartige Sache, doch wenn man hinter die Kulissen schaut, regt dieser Film zum Nachdenken an. 

Elaha Iqbali hat einen Weg hinter sich, den man keinem Menschen wünscht. Sie ist 2018 aus Afghanistan geflohen, musste viel Leid und Schmerz ertragen, entwickelte aber eine enorme Widerstandskraft und großen Lebenswillen. Sie hat ihre Geschichte in besonderer Art und Weise gefilmt. Durch sie schildert der Film die Realität von Kindern, die auf der Straße aufwachsen und von Ort zu Ort geworfen werden, um Konflikten zu entfliehen, in der Hoffnung, ein normales Leben zu finden. 

 

2018 begann ihr langer Weg nach Deutschland: Über den Iran und der Türkei versuchte Elaha Iqbali gemeinsam mit ihren fünf Geschwistern und ihren Eltern nach Griechenland zu kommen. Dieser Versuch wurde zur langen Geduldsprobe: Gleich sieben Anläufe brauchte es. „Wir sind im Boot nach Griechenland gekommen. Jeder Versuch hat uns Geld gekostet, das wir auf unserer Flucht nicht hatten“, beschreibt die heute 18-Jährige, die zuvor bereits 16 Monate in der Türkei in einem Park gelebt hat. „Wir haben vor einem Haus im Park gelebt und haben ansehen müssen, wie die Hausbewohner jeden Tag zu Essen hatten. Wir selbst haben uns von Äpfeln von Bäumen ernährt“, schildert sie. 

In Griechenland angekommen, lebte sie elf Monate in Moria und hat dort im Wald eine Schule gebaut. „Es gab so viele kleine Kinder, die nicht in die Schule gingen, nicht durften. Wir haben einen Baum gefunden, den wir als Tisch benutzten. Wir haben so jeden Tag gemeinsam gelernt“, erzählt Iqbali. Auf diese Idee wurde dann ein afghanischer Journalist aufmerksam und hat ein Foto davon auf Facebook gepostet, das viral ging und im Nachhinein viel veränderte: Viele Menschen halfen mit, diese Schule im Freien größer zu machen, was letztendlich dazu führte, dass 600 Personen die Möglichkeit hatten, gemeinsam zu lernen. „Es war eine schöne Zeit. Auch wenn man nichts hatte, die Freude in den Augen dieser Menschen zu sehen, hat mich glücklich gemacht“, sagt Iqbali. 

Dann wurde dieses Glück aber durch den Brand in Moria zerstört. Schlimme Szenen spielten sich ab, die traumatisieren. Auch in dem Film „La vie devant elle“ sind Original-Bilder zu sehen. Aber auch Bilder, die das Wandern, die Einsamkeit, die körperliche und geistige Ermüdung, aber auch die unglaubliche Widerstandskraft zeigen. Einen schweren Schicksalsschlag hatten Elaha und ihre Familie dann auch zu verkraften als ihr Vater auf einer Wanderung vom Berg stürzte und verunglückte. 

Nach elf Monaten Moria sollte dann die griechische Regierung die Flüchtlinge verteilen. Vier Monate waren Iqbali und ihre Familie in Thessaloniki, dann weitere vier Monate in Athen, ehe sie eine Aufenthaltsgenehmigung erhielten. Über Italien ging es dann mit dem Flixbus nach Dortmund. In Bochum hatten sie dann kurzzeitig Asyl, ehe sie nach Unna in ein kleines Camp kamen und schließlich fünf Monate lang nach Münster in ein größeres Camp umzogen. 

Von Münster kam Elaha Iqbali dann mit ihrer Familie nach Lünen, wo sie seitdem lebt und endlich zur Schule gehen darf. Sie ist sehr ehrgeizig und möchte ihre Chance nutzen. Iqbali lernt schnell, kann bereits Deutsch sprechen und geht gerne zur Schule: „Ich habe eine Chance auf Bildung und hoffe, endlich ein normales Leben führen zu können.“ Sie und ihr Bruder Ahmad haben beide die AVIF am LBK besucht, in der sie ganz diszipliniert Deutsch gelernt haben. Aktuell besuchen sie die BF1a, in der sie den ersten erweiterten Schulabschluss machen werden. Für beide – gerade aber auch für Elaha - wäre diese Bildungschance in Afghanistan nicht möglich gewesen. Die Familie hat diese Strapazen auf sich genommen, weil ihre Töchter in Afghanistan komplett ohne Perspektiven leben müssten. 

Der Film „La vie devant elle“ ist in Frankreich und auch international sehr erfolgreich. Iqbali wurde diesbezüglich zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. Unter anderem war sie in Paris, hatte mehrere Radio- und Fernsehauftritte. In Zürich gewann der Film auch einen Preis. Die Dokumentation läuft auf mehreren Film-Festivals. Dieses Road-Movie wurde auch vom Musikkomponisten von Emily Loizeau begleitet. 

Elaha Iqbali ist ein Beispiel, das zeigt, dass trotz vieler Schicksalsschläge der Blick nach vorn gerichtet werden muss, um seine Wünsche zu erreichen. Ihr Wunsch, ein normales Leben führen zu können, ist sie um Meilenweite nähergekommen. Sie hat es geschafft als Flüchtling in einem anderen Land Fuß zu fassen und sich nicht unterkriegen zu lassen.

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